Umfragen unter Elektrotechnikern haben ergeben, dass rund 75% aller Elektroanlagen in Mietwohnungen, die vor 1964 gebaut wurden, total veraltet und gefährlich sind. Sie haben keine oder keine ausreichenden Schutzmaßnahmen. Aber auch in moderneren Wohnungen bis Baujahr 1990 finden sich oft keine ausreichenden Schutzmaßnahmen. Österreichweit betrifft das rund 500.000 Haushalte!
„Elektrischer Strom fordert in Österreich jährlich mindestens 45 bis 50 Menschenleben. Er ist die bei weitem häufigste und gefährlichste Zündquelle. Er zündet rund 35% aller Brände in Österreich und verursacht so über 99 Mio. EUR Sachschaden“, weiß Dr. Friedrich Perner, Brandschutzdirektor von Wien.
Je nachdem, ob eine Wohnung dem MRG oder ABGB unterliegt, ergeben sich für Mieter wie Vermieter verschiedene Rechtsfolgen. Die Rechtslage ist aber insgesamt mieterfreundlicher geworden. Dadurch bietet sich dem Mieter unter bestimmten Voraussetzungen die Chance, die ihm rechtlich zustehende Sicherheit in punkto Elektroanlagen auf Kosten des Vermieters herzustellen.
Nach dem ABGB ist der Vermieter gemäß § 1096 ABGB u.a. dazu verpflichtet, die Elektroanlage einer Wohnung in „brauchbarem“ Zustand zu übergeben und diesen Zustand für die Dauer des Mietverhältnisses laufend zu erhalten. Der Vermieter hat also die Pflicht, den Gebrauch der Elektroanlagen der Mietwohnung in dem brauchbaren Zustand, der zur Zeit des Vertragsabschlusses bestanden hat, während der gesamten Vertragslaufzeit zu ermöglichen. Etwaige Verbesserungen der Elektroanlagen gehen zu Lasten des Mieters.
Grundsätzlich ist die Elektroanlage einer Wohnung nur dann „brauchbar“, wenn sie gefahrlos verwendet werden kann und die gesamte die Anlage in alle Wohnräumen mit einer funktionierenden Schutzmaßnahme ausgerüstet ist (Schutzleiter, Fehlerstrom-Schutzschalter, Nullung) und einige Schuko-Steckdosen hat. Mehr wird nicht gefordert. Als unbrauchbar gilt eine Elektroanlage, wenn zur Gefahrenbeseitigung ein größerer Aufwand ab etwa € 1.400,-nötig ist.
Bei Neuvermietungen sollten eigentlich höhere Ansprüche gelten, die der „durchschnittlichen Verkehrsauffassung“, also dem, was ein Durchschnittsmensch sich von einer durchschnittlichen Elektroanlage erwartet, entsprechen. Und von einer Wohnung z.B. der Kategorie A sollte man erwarten können, neben aktuellen Schutzmaßnahmen genügend Stromkreise und Schuko-Steckdosen vorzufinden, damit der Mieter moderne Elektrogeräte (E-Herd, Waschmaschine, Trockner, Mikrowellenherd, etc.) problemlos anschließen und gleichzeitig betreiben kann.
Wichtiger Tipp: Jeder, der eine Wohnung oder ein Haus kaufen oder mieten will, sollte vor Abschluss eines Miet- oder Kaufvertrages auf Vorlage eines aktuellen normgerechten Elektro-Befundes eines Elektrotechnikers bestehen Für eine ca. 70m2 große Wohnung kostet so ein E-Check mit Elektro-Befund, der den exakten Anlagenzustand und -umfang genau beschreibt, durchschnittlich etwa 200,- Euro. Eine Investition, die sich lohnt. Dann weiß man, was seine zukünftige Elektroanlage tatsächlich leistet. Daher: Kein Abschluss eines Miet- oder Kaufvertrages vor einem E-Check mit Elektro-Befund!
Die Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 3 MRG gilt nur im „Vollanwendungsbereich“ des Mietrechtsgesetzes, ist dort aber zwingendes Recht und kann daher durch Vertragsvereinbarungen nicht ausgeschlossen werden. Unter den „Vollanwendungsbereich“ des Mietrechtsgesetzes fallen im Wesentlichen Mietwohnungen in Altbauten. Alle anderen (z.B. Ein- oder Zweifamilienhäuser und Ferienwohnungen, nicht geförderte Neubauten nach 30.6.1953 und Eigentumswohnungen nach Baujahr 1945) fallen diesbezüglich unter das ABGB.
Ob das mieterfreundliche MRG anwendbar ist (vgl. Begriff „Erhaltungspflicht“ des §3 MRG), kann der Laie in Mietverträgen generell nicht erkennen. Die Experten des Österreichischen Mieterschutzrings beraten Sie gerne.
Zu Erhaltungsarbeiten an Elektroanlagen ist der Vermieter nach § 3 MRG verpflichtet, wenn:
• ernste Schäden für das Haus drohen (z.B. bei Brandgefahr bei Steigleitungen),
• im Mietgegenstand „erhebliche gesundheitliche Gefahren“ für Mieter und Bewohner drohen; vor allem bei Mängeln an Schutzmaßnahmen, die vor Stromunfällen und stromgezündeten Bränden schützen sollen
• der Vermieter kraft öffentlich-rechtlicher Verpflichtung Maßnahmen setzen muss (daher kann der Mieter alles, was dem Vermieter vom Gesetz, von Verordnungen oder per Bescheid vorgeschrieben wird, einfordern).
Mängel der Elektroanlage gelten dann als „erhebliche Gefahr für die Gesundheit“, wenn sie für jeden durchschnittlichen Menschen und nicht nur für Risikogruppen wie z.B. Personen mit Herzschrittmacher gefährlich werden können.
Erheblich Gesundheitsgefährdend sind Elektroanlagen:
• Vor allem bei Mängeln an Schutzmaßnahmen (Schutzleiter, Fehlerstrom-Schutzschalter, Nullung)
O Erstens keine, eine mangelhafte oder eine gar unzulässig an die Wasserleitung angeschlossene Schutzleitung, Früher hat man dazu einfach „Erdleitung“ gesagt (Solche gefährliche Mängel an Schutzleitern sind oft anzutreffen und typisch für Altbauten). Ebenso oft findet man in Altbauten teilweise „geerdete“ Wohnungsanlagen, in denen oft nur eine „Schukosteckdose“ z.B. in der Küche für den Kühlschrank an den Schutzleiter angeschlossen ist. Die restliche Elektroanlage der Wohnung (Steckdosen, Auslässe für Beleuchtung) ist ohne Schutzleiter.
O Kein funktionsfähiger Fehlerstromschutzschalter
O Fehlerstromschutzschalter mit zu hohem Auslösestrom
• Weiters bei alten Installationen (Metallrohre mit stoffisolierten Drähten)
• Wenn alte Vorzählersicherungskästen ohne Rückwand, die nicht laienbedienbar und damit berührungssicher, montiert sind
• Bei Isolationsmängel der Kabel – die Isolation altert, zerbröckelt durch
• Temperaturunterschiede bei langem Gebrauch
• Bei Kontaktmängeln
• Wenn die Absicherung der Stromkreise nicht dem Leitungsquerschnitt der Kabel entspricht, defekt, überbrückt oder manipuliert ist (Übersicherung).
Wenn durch solche Mängel an einer Elektroanlage „erheblichen Gefahren für die Gesundheit“ für die Mieter oder Bewohner einer drohen, muss der Vermieter gemäß § 3 MRG diese Sicherheitsmängel auf seine Kosten beheben. Der Erhaltungsbegriff des MRG ist aber im Gegensatz zum ABGB dynamisch. Erfordert die notwendige Erhaltungsarbeit, also die Behebung der Sicherheitsmängel nach Elektrotechnikgesetz (kurz ETG) eine komplette Neuinstallation der Elektroanlage entsprechend den aktuellen Gesetzen, Verordnungen und Normen gilt auch das als Erhaltungsarbeit, die der Vermieter durchführen und zahlen muss.
Einige typische Beispiele:
• In einer Altbauwohnung fehlt ganz oder teilweise der Schutzleiter. Der Vermieter muss den Mangel beheben und die ganze Wohnung mit einem Schutzleiter ausstatten. Die Elektroinstallation ist aber mit alten Metallrohren ausgeführt. Diese sind heute verboten. Der Vermieter muss die ganze Elektroanlage den gemäß aktuellen Regeln der Technik (Normen) und Rechtsvorschriften herstellen.
• Beim FI-Test löst der Schutzschalter nicht aus oder lässt sich nicht mehr einschalten: der Vermieter muss den FI-Schutzschalter austauschen.
Keine Sanierungspflicht hat der Vermieter allerdings, wenn der Mieter die Elektroanlage in Eigenregie in einen gesundheitsgefährdenden Zustand versetzt.
Der gute Tipp: jeder Mieter und Vermieter einer Wohnung mit einer älteren Elektroanlage sollte die Anlage vom Elektrotechniker mit einem sogenannten E-Check überprüfen lassen. dabei wird die gesamte Anlage auf Herz und Nieren überprüft. Das Prüfergebnis wird in einem Elektro-Befund dokumentiert (ähnlich Auto-TÜF). Ergibt der Elektrobefund Sicherheitsmängel, die eine „erhebliche gesundheitliche Gefahr“ für Mieter und Bewohner darstellen – und das wird in den meisten „Altanlagen“ der Fall sein! – muss der Vermieter davon informiert werden. Er muss diese Mängel dann innerhalb einer Frist von 3 Monaten auf seine Kosten beheben lassen.